Eine Umfrage des DFB in der coronabedingten Zwangspause hat gezeigt, dass die Anzahl an Ehrenamtlichen zukünftig für den Großteil der Vereine eine zentrale Herausforderung darstellt. Der Eindruck ist, dass sich die Entwicklung des Vereinssports nicht mehr nach den Menschen ausrichtet, die den Sport und Verein prägen, sondern nach den Gesetzen der Wirtschaft. Dadurch werden die Mitglieder zu „Kunden“.
MaM-Erklärvideo: 01 | Ehrenamtliche Vereinskultur
Das Ergebnis dessen ist die Entfremdung der Mitglieder und die fehlende Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren. Hinzu kommen die demografischen Entwicklungen und die neuen Anforderungen an die Arbeitnehmer*innen, flexibler und ortsunabhängiger zu werden, die den Vereinen Schwierigkeiten bereiten.
Um diesen Trends entgegenzuwirken, ist das Motto „Zurück zu den Wurzeln“ beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) und Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen (FLVW) entstanden, um den Menschenbetrieb in den Vereinen wieder zu fokussieren. Dabei geht es darum, die wichtigsten Merkmale zu stärken:
- Ohne Mitarbeiter*innen läuft nichts – die Kraft liegt in der Gemeinschaft, die Lösung im System
- „Du zahlst nicht nur – du zählst“ – Beitrag zahlen reicht nicht aus, jeder muss seinen Beitrag leisten
- Die Bereitschaft zum Ehrenamt ist vorhanden, die Anforderungen haben sich gewandelt. Die Erwartungen und Aufgaben müssen definiert werden, um neue Ehrenamtliche zu gewinnen
Die Zeichen der Zeit fordern eine andere Entwicklung heraus: Professionell sollte die Vereinsführung und -verwaltung sein und dienstleistungsgerecht seine Ausrichtung.
Dass aber die Grundlagen nicht vergleichbar waren, geriet ein wenig aus dem Blick: Die Verfolgung gemeinsamer Interessen auf der Basis ehrenamtlichen Engagements im Verein steht der Profitorientierung des Unternehmens und der Sicherung des lebensnotwendigen Einkommens der Mitarbeiter*innen im Unternehmen gegenüber.
Mit dem „alten Ehrenamt“ des langjährigen Wirkens in gewachsenen Hierarchien und Strukturen von (Traditions-)Vereinen passte diese Entwicklung junger Menschen und ihrer Engagement-Bereitschaft nicht zusammen: Zukunftsmodelle mussten gefunden werden, wollte man nicht in dieser Negativentwicklung untergehen, ein neues Ehrenamtsverständnis entstehen.
Und tatsächlich, in vielen Vereinen, die die Zeichen der Zeit verstanden, „menschelt“ es heute wieder – fast wie früher. „Zurück zu den Wurzeln – Fit für die Zukunft“ klingt paradox und ist es auch, aber nur auf den ersten Blick. Dahinter steht eine Rückbesinnung auf die Wurzeln des Vereinswesens:
- Selbstorganisation und Engagement des Einzelnen
- Mitverantwortung und Mitgestaltung des Ganzen
- Basisdemokratie gegenüber der „alternativlosen“ Zwangsläufigkeit im gesellschaftlichen Alltag
- Vereinskultur als Ausdruck für soziales Miteinander, gemeinsamen Erfolg und geteilten Spaß
- Gemeinsam geschaffene „Sozialkapital“ als Quelle einer „sozialen Rendite“ zum Nutzen des Vereins und der Mitglieder
- Ohne Mitarbeiter*innen läuft nichts und Mitarbeiter*innen kann man am ehesten im Verein und seinem unmittelbaren Umfeld finden: Die Kraft liegt in der Gemeinschaft, die Lösung im System
- „Beitrag zahlen“ reicht nicht aus – Jede*r muss auch seinen „Beitrag leisten“: „Du zahlst nicht nur, Du zählst!“ wurde zu einem Motto der FLVW – Mitarbeiterkampagne.
- Die Gemeinschaft kann etwas erreichen, wenn sie etwas tut, aktiv wird und neues Leben ins ehrenamtliche Engagement bringt: Nicht mangelnde Bereitschaft zu freiwilligem Engagement ist feststellbar, sondern mangelnde Passgenauigkeit von Erwartungen und Potenzialen.
- Der Bedarf an Mitarbeiter*innen für den Verein der Zukunft muss mit hoher Planungssicherheit für den Verein und die Vorstände bedarfs- und bedürfnisgerecht mit positiver Engagement-Kultur für die Mitglieder und Mitarbeiter*innen entwickelt werden.
Vereinskultur-Check
Ziel der Analyse des Ist-Zustandes des Vereins ist die Erfassung und Beschreibung der aktuellen Vereinskultur. Damit erwirbt der Verein ein spezifisches Bild seiner historisch gewachsenen Kultur. Dieses stellt die Grundlage jeder gezielten und nachhaltigen Entwicklungs- und Veränderungsbemühungen dar.Das Mitarbeitermanagement-System (MaM) verlangt nach einer systematischen Analyse, Zustands- und Zielbestimmung für die gezielte Suche, Findung, Entwicklung und Bindung von Mitarbeiter*innen für eine an der Zukunft ausgerichteten Vereinsentwicklungsperspektive.
Der Nutzen für den Verein:
- Es entsteht ein umfassendes Bild der derzeitigen Vereinskultur mit besonderem Blick auf die Kultur zur ehrenamtlichen Mitarbeit im Verein.
- Unter der Regie des Mitarbeitermanagers oder -Managerin kann eine neue Austausch- und Kommunikationsstruktur auf allen Ebenen des Vereins entstehen.
- Es entwickeln sich Anregungen und Entwürfe für die zukünftige Entwicklung der Vereinskultur.
(1) Der Umgang mit den formalen Vorgaben, der Durchführung und Auswertung der Befragungen wird so vom neu installierten Mitarbeitermanager schrittweise in jeweils umfangreicherem Maßstab kennen und beherrschen gelernt.
(2) Die so gewonnene Erfahrung fördert den Umgang mit den auftretenden Herausforderungen bei der Ankündigung und Verteilung der Fragebögen. Sie dient indirekt der Steigerung der Rücklaufquoten und ermöglicht eine rasche und zuverlässige Auswertung. Schrittweise entwickelt sich so auch die Erkenntnis und Erfahrung im Umgang mit den Ergebnissen der Befragungen auf den verschiedenen Ebenen.
(3) Allgemeine Hinweise zum Einsatz der Fragebögen sind nachfolgend zum Download hinterlegt. Es wird angeraten, diese vor dem Beginn der Befragungen zu lesen und das geplante Vorgehen genau festzulegen (inklusive des zeitlichen Ablaufs der Aktion).
Angesprochen und befragt werden
- die Mitglieder des (erweiterten) Vereinsvorstands
- alle derzeit benannten und bekannten Mitarbeiter*innen
- alle Vereinsmitglieder (evtl. inklusive dem Vereinsumfeld aus Eltern von Jugendmitgliedern, Nachbarn, Förderern etc.)
Die umfassende Auswertung der aufbereiteten Ergebnisse der Fragebogenaktion sollte sinnvollerweise in einem Workshop erfolgen, der alle Mitglieder des erweiterten Vorstands sowie evtl. weitere engagierte Vertreter*innen der sonstigen Mitarbeiter*innen bzw. der Mitgliedschaft beteiligt. Im Folgenden werden die einzelnen Verfahrensschritte beschrieben.
Fragebogen für den Vereinsvorstand
Der Fragebogen für den Vereinsvorstand (Download am Seitenende) erfasst die Sicht der amtierenden Vorstandsmitglieder auf die aktuelle Vereinskultur. Dabei sollen gleichzeitig mögliche Entwicklungspotentiale zur Verbesserung aus der Sicht der Vorstandsmitglieder erfasst werden.Der Fragebogen sollte an alle Mitglieder des (erweiterten) Vorstands ausgegeben werden. Er erfasst in elf Fragen zur offenen Beantwortung die Sicht jedes einzelnen Vorstandsmitglieds auf seine Aufgaben, deren Umfang und Organisation, Schnittstellen und Kommunikation sowie Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung im Vorstandsteam. Interessen und Zielsetzungen werden ebenso erfasst, wie Stärken und Schwächen sowie Herausforderungen im Vereinsgeschehen.
Die Auswertung der Befragungsergebnisse muss auf einer intensiven Erfassung der Antworten basieren: Wo treten Übereinstimmungen in Sichtweisen und Feststellungen der einzelnen Vorstandsmitglieder auf, wo werden Einzelmeinungen und -erfahrungen gespiegelt? Wie können die Aussagen zu einer Handlungs- und Veränderungsperspektive verdichtet und interpretiert werden?
Optimalerweise erfolgt die Bearbeitung der (aufbereiteten) Ergebnisse in einem Workshop mit allen Beteiligten.
Fragebögen für die Mitarbeiter*innen
Der Fragebogen zur Vereinskultur (Download am Seitenende) fragt in fünf Abschnitten nach der Ausprägung der Mitarbeiterförderung, der Rahmenbedingungen, der Willkommenskultur und gegenseitigen Wertschätzung sowie der Motivationskultur im Verein.Auch der Fragebogen zu den Engagement-Bedingungen sollte mit Namen und Funktion im Verein personalisiert ausgefüllt werden. Er ermittelt mit zwölf Fragen die Sicht jedes einzelnen Mitarbeiters auf die aktuelle Ausprägung der Rahmenbedingungen für sein Engagement im Verein ab.
Der Einsatz und die Auswertung sollte zeitnah mit dem Fragebogen für die Vorstandsmitglieder erfolgen, um möglicherweise in einem gemeinsamen Workshop mit Engagierten aus beiden Gruppen die Ergebnisse zu bewerten und entsprechende Entwicklungsvorhaben formulieren zu können.
Fragebogen für die Vereinsmitglieder
Die Befragung der Mitglieder kann einen ersten Höhepunkt im Wirken des neu installierten Mitarbeitermanagers oder -Managerin darstellen. Die Fragebogenaktion für die Mitglieder im Verein sollte – ob in Briefform oder als Online-Befragung – mit einem Anschreiben zur Erläuterung auf den Weg gebracht werden. Der Fragebogen und ein Musteranschreiben zur Mitgliederbefragung sind im Downloadbereich hinterlegt.Der Fragebogen erfasst die Sicht der Mitglieder zu verschiedenen Themenbereichen im Verein wie Mitarbeiterförderung, Rahmenbedingungen für ein Engagement im Verein, Willkommenskultur, gegenseitige Wertschätzung sowie Motivationsaspekte im Verein. Eine digitale Auswertung reduziert den Aufwand.
Für den Vorstand sind die Ergebnisse eine umfassende Rückmeldung zu seinem Handeln und die Sicht des Vereins seitens der Mitglieder. Kein Einzelgespräch und keine Jahreshauptversammlung werden so viele Erkenntnisse über den Stand der Vereinskultur bringen wie eine sorgfältig geplante, durchgeführte und ausgewertete Fragebogenaktion. Darauf aufbauend kann der Vereinsvorstand die zukünftige Strategie und Aktionen planen, um den Bedürfnissen der Mitglieder gerecht zu werden.
Auswertungsworkshop
Die umfassende Auswertung der aufbereiteten Ergebnisse der Fragebogenaktion sollte sinnvollerweise in einem Workshop erfolgen, der alle Mitglieder des erweiterten Vorstands sowie weitere engagierte Vertreter*innen der sonstigen Mitarbeiter*innen bzw. der Mitgliedschaft beteiligt.Nach Abschluss der Befragung sind die Mitglieder an einer zeitnahen Rückmeldung über die Ergebnisse der Befragung interessiert. Aus ihrer Sicht ist eine Befragung ohne anschließende Veränderungen sinnloser Aufwand und sie werden in diesem Fall nicht so bald erneut einen Fragebogen ausfüllen.
Die Ergebnisse der Umfrage werden in dem Workshop von der verantwortlichen Person erläutert, um Maßnahmen daraus abzuleiten. Sollte die Umfrage bereits vor der Beratung durchgeführt worden sein, dienen die Ergebnisse als Grundlage des Workshops.
Wird die Umfrage nach der Beratung durchgeführt, müssen die Ergebnisse im Vereinsvorstand eigenständig ausgewertet werden. Die Ergebnisse liefern wichtige Informationen, welche Bereiche im Vorstand, bei Übungsleitern und aktiven Sportlern verbessert werden müssen.